Geht AGIL auch introvertiert?
Agilität ist derzeit in aller Munde.
Agiles Arbeiten, agile Unternehmen, agile Führung, agiles Coaching.
Agil scheint das neue Zauberwort zu sein. Es findet aktuell zwar noch überwiegend in IT-Projekten statt, erobert allerdings inzwischen auch andere Unternehmensbereiche.
Worum geht es bei Agilität? Ist es ein kurzfristiger Hype, ein neuer Mega-Trend oder alter Wein in neuen Schläuchen? Also verschaffe ich mir einen Überblick und erarbeite mir - wie ich es als Introvertierte so mache - eine fundierte Grundlage.
Ich lese Fachartikel, diskutiere mit Kolleg*innen, besuche Vorträge und Veranstaltungen, wie beispielsweise vor 14 Tagen die „1. Agile Muenster“.
Mir geläufige Begriffe und Methoden wie Open Space, Lean und Kaizen werden aktualisiert. Ich lerne von ScrumMastern, höre von Impediments und täglichen Standups…
Begriffe, die ich an dieser Stelle nicht inhaltlich vertiefen oder erklären will.
Auch kann und will ich weder eine positive oder eine negative Bewertung zur Agilität abgeben. Es geht um Veränderung, Anpassung und um neue Anforderungen. Das ist nichts Neues. Die (Business-)Welt
ist schneller, vernetzter und komplexer geworden, i.S.v. weniger berechenbar im Positiven wie im Negativen.
Mich interessiert die Frage, wie geht es dem einzelnen Mensch in diesem System, mit dieser Methode oder mit dieser Form der Arbeitsorganisation? Vor allem frage ich mich, wie passt denn Agilität zu introvertierten Menschen?
Wenn es doch vor allem darum geht, Ziele schnell anzupassen, Prozesse zu verändern und dabei regelmäßig, kurz und knackig zu kommunizieren. Ausprobieren ohne vorher lange zu analysieren. Kein
Versenken im Klein-Klein. Unter Zeitdruck Unausgegorenes, wenn nicht gar Unperfektes aus der Hand zu geben.
Das ist doch eher die Arbeitsweise, die extrovertierten Menschen leichter fällt. Also keine guten Zeiten für Menschen, die eher zuhören, nachfragen und gerne ausreichend Zeit zur Reflexion
haben?
Zunächst einmal die gute Nachricht: Das Zauberwort der agilen Welt heißt Selbstorganisation. Flache Hierarchien, Selbstverantwortung bei weniger Bürokratismus und Verwaltung und mehr direktem
Feedback. Diese Methoden sind unabhängig von Intro- bzw. Extroversion. Ebenso gibt es bei der agilen Arbeitsweise durchaus feste Strukturen und klare Abläufe, was Introvertierten wiederum sehr
entgegenkommt.
Was heißt das jetzt für die Verantwortlichen in den Unternehmen und die Projektleiter?
Sowohl Intros als auch Extros können „Agil“. Das heißt, Sie brauchen keine neuen Mitarbeiter*innen. Damit die vorhandenen Mitglieder der Projektteams optimale Leistung bringen können hilft es aber,
die besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen. Da Führungskräfte aufgrund der Auswahlverfahren eher - nicht immer - extrovertiert sind, soll dieser Artikel anregen und helfen, beide
„Welten“ im Blick zu behalten und zu Wort kommen zu lassen. Sie alle werden davon profitieren.
Als Hilfe für alle, die sich noch nicht so intensiv mit den Persönlichkeitstypen auseinandergesetzt haben, habe ich hier eine Stichwortliste von der bekannten Autorin und bekennenden Introvertierten Sylvia Löhken angefügt:
So erreichst Du Intros und Extros:
INTRO
INNEN
Substanz!
Reflexion, schreiben, Einzelarbeit, Nachfragen, Kleinteiligkeit
managen: für roten Faden sorgen
selbst: Mindset? zuhören!
STIMULATION: NA JA...
Struktur, ausreichend Zeit, Vortrag, Ruhephasen, Rituale und klare Abläufe, Rückzugsmöglichkeiten SICHERHEIT
Berechenbarkeit, Opt-out-Optionen, Vorbereitungszeit, Fairness, Freundlichkeit, Fehler = ok, Orientierung für informelle Phasen, Murmelgruppen, Partnerarbeit
EXTRO
AUSSEN
Tun und Erfahren!
Aktionsphasen, reden, probieren, spielen, case studies, Impulsivität
managen: Prozesssteuerung
selbst: Mindset? Impulse geben!
STIMULATION: JA BITTE!
Abwechslung, Überraschendes, Sinneskanäle, Stories, Tempo-Phasen bzw. –rollen, Ablenkung managen: für Fokus sorgen
VERLOCKUNG
Wettbewerb, Anreize, Neues, Risiko, Spannung, informelle Phasen, Fehler als Input, Nutzen zeigen, Team- und Plenarphasen