Extra- und Introversion als Quell täglicher Missverständnisse
Folge 2: Kein Drive
„Sie haben irgendwie keinen Drive!“
Bums, das saß! K.o. - knock out durch Feedback nach Vorstellungsgespräch.
Der Personalleiter, bei dem ich mich als Personalreferentin vorgestellt hatte, war zwar nicht der rhetorisch geschickteste Feedbackgeber, aber immerhin hat er seine
Absage begründet und nicht gekniffen wie es so häufig passiert.
Ich war danach ziemlich geknickt. Ich fühlte mich entlarvt - jetzt sagte mal einer, was ich vor mir selbst nicht wahrhaben wollte. Klar wusste ich, dass alle
Welt die Aktiven, die Macher, die Schnellen haben wollen. Die Positiven, die Lösungsorientierten, die sich nicht mit ausführlichen Reflexionen aufhielten.
Ich hatte geglaubt, mich diesem Ideal angenähert zu haben. Durch Wissen, durch Üben, durch Erfahrung, durch Tun. Ich war keine mehr von den Stillen, Vorsichtigen. Ich habe mich angestrengt, bin über
meine Grenzen gegangen - immer wieder - Komfortzone verlassen ist gut. Stimmt ja auch.
Und jetzt das! Kein Drive!
Wie können Wahrnehmungen so unterschiedlich sein? Ich empfand mich im Gespräch als engagiert - meine Darstellungen, meine Fragen - ich hatte das Gefühl wir sind in
einem guten Austausch. Bei mir glühten die Drähte!
Und mein Gesprächspartner sah anscheinend eine Zögerliche. Ich fühlte mich abgelehnt, nicht wertgeschätzt, minderwertig im Vergleich zu den Zupackenden.
Was hilft? Akzeptanz! Erstmal meiner Introversion vor mir selbst.
Ein bisschen neidisch auf die Extrovertierten, die so viel Aufmerksamkeit bekommen, bin ich aber schon. Wahrscheinlich muss ich die Extros meinerseits ebenfalls akzeptieren, ohne zu wissen, ob ich
auch von ihnen akzeptiert werde.